Bar Jeder Vernunft – Werkschau 2014

Werkschau 2014 Köln AKK bar jeder Vernunft

Heute ist der letzte Tag der Werkschau 2014 im Ausstellungsraum der Handwerkskammer zu Köln. Ausgerichtet wird die Jahres- und Verkaufsausstellung von der Angewandten Kunst Köln.

Eine Auswahl aus 24 Handwerkern stellen seit einer Woche ihre Sonderarbeiten zum Thema bar jeder Vernunft vor. Im Prinzip ist damit gemeint, dass die Kunsthandwerker sich mal richtig handwerklich austoben sollten und diese Träumereien jetzt der Öffentlichkeit präsentieren.

Hierauf aufmerksam gemacht hat mich Ines Lang, der ich im Blog bereits einen Artikel gewidmet hatte (deutsch und englisch).

Ich weiß nicht, wie es bei euch ausschaut, aber dieser sonnige Sonntag lädt gerade zu einem Ausflug dorthin ein, besonders da es die letzte Gelegenheit ist.

Besonders interessiert bin ich an den Goldarbeiten. Köln hat ja eine Jahrhunderte alte Tradition der Goldschmiedekunst und dies spiegelt sich in den Schaufenstern der Schmiede regelmäßig wieder. Auf die Ergebnisse, wenn diese mal völlig gaga sein dürfen, bin ich gespannt. Das Ganze ist ja auch eine Verkaufsausstellung, mag sein, dass der Schmuck sehr experimentell geraten ist, aber vielleicht wirft mich die Ein oder Andere Kleinigkeit doch um.

Der Besuch ist noch bis 19 Uhr möglich. See you, xoxo.

Ausstellungsraum | Handwerkskammer zu Köln | Heumarkt 12 | 50667 Köln |

In Der Welt Des Traditionellen Kunsthandwerks – Ines Lang Und Ihr Porzellan

Here you can find the English version.

Serie Aufhänge Blaupausen Ines Lang Buiskuitporzellan china art
Blaupausen // Biscuit Porzellan, series

Besitzt ihr noch Porzellan? Nicht das weiß glasierte Steinzeugs sondern feines Geschirr, vielleicht sogar handbemalt.

Die letzten Jahre waren eine regelrechte Blütezeit für hippiesk anmutende Keramik. In den USA soll der Besitz bunter Schüsseln von Anthropologie sogar positive Auswirkungen auf deinen Hipsterstatus haben. Die Renaissance des traditionellen Porzellans lässt dagegen noch ein wenig auf sich warten.

Wahrscheinlich hält uns der Gedanke an Handwäsche nach der Benutzung ab. Und doch lieben wir alle diese hübschen, kleinen Teeservices aus Omizeiten so. Ich muss mich jedenfalls immer ganz schön überwinden nicht gleich alle Flohmärkte von dünnwandigen und goldrandigen Teetassen leerzukaufen.

Vor einem halben Jahr auf einem Markt für Kunsthandwerk entdeckte ich dann einen Stand mit kleinen Obstschalen aus Porzellan, die auch gleichzeitig als Sieb gearbeitet waren. Wie ungewöhnlich! In der Auslage lag noch viel mehr Feines und ich war ganz hin und weg vom leicht japanisch anmutenden Design von Ines Lang. Die Schalen, Messerbänkchen und Becher waren alle sehr filigran, aber die minimalistische Bemalung lud dennoch zur täglichen Benutzung ein.

Damals verließ ich den Stand ohne einen Kauf, meine überquellenden Küchenschränke hielten mich ab. (Der Kaufsucht eins ausgewischt, ha!) Dann kam der Sommer, den ich größtenteils am Schreibtisch über meinen Büchern Beeren knabbernd verbrachte. Auf einmal wurde mir klar wie ideal so ein Porzellansiebschälchen war… alle Male hübscher als mein Ikea Durchschlag und sinnvoller als einfach nur ein Teller, wo irgendwie die Beeren immer im Restwaschwasser liegen und mir alles beim Essen volltropfen. Also suchte ich die Manufaktur raus und war super happy, dass sie hier in Köln liegt.

Genauer gesagt handelt es sich um ein Atelier in der Künstlerkolonie drüben auf der anderen Rheinseite. Ines Lang ist nämlich eine der letzten traditionellen Porzellanproduzentinnen dieser Stadt und ihre Erzeugnisse gelten somit als Kunsthandwerk. Die Künstlerkolonie ist eine ehemalige Gummifädenfabrik und mittlerweile in Selbstverwaltung von Künstlern. Der Backsteinkomplex sieht auf den ersten Blick etwas runtergerockt aus, ist aber total fantastisch. Schön, dass sich Ines bereit erklärte, dass ich sie im Atelier besuchen komme, da konnte ich gleich noch etwas das Gebäude erkunden. Ines war sehr freundlich und einladend, sobald ich ihr Atelier betrat, begann sie auch schon mir alles zu erklären, meine Fragen zu beantworten und Fotos durfte ich auch machen. Hier in einem Raum formt sie die Rohmasse für das Porzellangeschirr, brennt und hat Platz zum Ausstellen.

Ines Lang mit Schellack großer Teller big plate china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne
An dieser Tellerplatte war Ines gerade dran als ich sie besuchte. Sieht aus wie Malerei ist aber eigentlich eine spezielle Schellacktechnik um erhabene Muster zu erzeugen.

Ines Lang mit Schellack großer Teller big plate china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne Natürlich war diese makellose Platte etwas vorher noch ein dicker Klumpen Knete. Zuerst muss die Porzellanrohmasse, die diesmal aus England kam, ordentlich geknetet werden. Ines nennt das ihre tägliche Fitness. Dann kommt der Klumpen auf die Drehscheibe und Ines kreiert wie aus dem Nichts eine feine Form. Jeder der schon mal Töpfer an der Drehscheibe gesehen hat, weiß wie hypnotisierend dieser Prozess ist. Maaaagie! Ines Lang an Porzellan Drehscheibe china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne Ines Lang an Porzellan Drehscheibe china porcelain studio Künstlerkolonie Köln CologneHeutzutage ist es wirklich selten, dass der gesamte Formprozess mit der Hand und an der Drehscheibe erfolgt. Selbst unsere großen deutschen Traditionsfirmen benutzen nach einer anfänglichen Drehrunde einen Model (eine Hohlform), in die der Rohling gepresst wird. So können Unregelmäßigkeiten vermieden und natürlich eine viel größere Masse produziert werden. Bei einem kompletten Meissner Service mag das ja seine Berechtigung haben, abgesehen davon bin ich aber nicht auf mathematisch korrekte Abmessungen aus. Die kleinen Fehler sind mit bloßem Auge ohnehin nicht zu sehen und ich mag den Beweis, dass ein Produkt von Menschenhand stammt.

Ines Lang Obst Sieb glasiert unglasiert Buiskuit china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne colander
Links die unglasierte Siebobstschale vor dem Brennprozess und rechts das Endprodukt. Im Ofen findet eine Verdichtung statt und der Umfang verringert sich um ungefähr 18 Prozent.

Im folgenden Bild sind zwei Zuckerdosen bei denen die Shellacktechnik angewendet wurde. Die reliefierten Blumen links gehören zu meinen Favoriten. Zuckerdosen Ines Lang Schellacktechnik china porcelainMit Porzellan lässt sich nicht nur Geschirr, sondern auch moderne Kunst anfertigen. Warum hab ich da vorher nicht daran gedacht! Im Atelier hingen hier und da echt coole Objekte, wie direkt aus einem Magazin:

Serie Aufhängeobjekte Ines Lang China Porcelain art
Würfel Serie 1,2,3

Serie Aufhängeobjekte Ines Lang China Porcelain art Außerdem im Repertoire von Ines Lang eine Porzellanlampe. Da habe ich leider kein Foto von gemacht, aber hier zur besseren Verbildlichung ein ähnliches Exemplar von Erik Magnussen.

Porcelight Erik Magnussen Mini-Pendant Lamp
Porcelight Erik Magnussen Mini-Pendant Lamp

Ihre Lampe ist jedoch um einiges preisgünstiger und definitiv auf meiner Wunschliste, da Porzellan durchscheinend ist und ein warmes, diffuses Licht abgibt, sehr angenehm für die Augen.

Alles in allem, hatte ich einen sehr informativen Besuch und es war so angenehm sich mit einer so bescheidenen und lieben Person wie Ines zu unterhalten. Eine willkommene Abwechslung zu den oft grantigen Männern der deutschen Handwerkszunft. Eine selbstständige Frau, die ihre Zeit zwischen Familie und Arbeit aufteilt und dennoch enorm viel schafft. Totale Frauenpower!

Arts And Crafts – The Art Of Traditional Porcelain Manufacture // Visiting Ines Lang

Du liest Artikel lieber in Deutsch? Klick hier.

Serie Aufhänge Blaupausen Ines Lang Buiskuitporzellan china art
Blaupausen // biscuit china, series

Do you own china? I don’t mean stoneware with a white glaze but rather the real fine stuff eventually even hand painted. (Oh man, actually I abhor those foil glued dishes imitating Victorian era china.)

In recent years artfully painted pottery had somewhat of a comeback. I even heard that among bloggers and US-American hipsters owning a stack from the house of Anthropologie can increase status significantly.

Meanwhile renaissance of traditional porcelain is still waiting to take off. I am sure it’s because we’re all too lazy hand washing a filigree plate.

Nonetheless I am crazy for porcelain and I can hardly restrain myself from buying flea markets empty of thin-walled and gold-rimmed tea cups.

Almost half a year ago then at an arts & crafts market my eye got caught by a little china table colander with matching saucer, non vintage but still very reasonable priced. I fell in love with the design of Ines Lang slightly reminiscent of contemporary japanese styles. Everything she had laid out was filigree but the minimalistic painting made it seem unfussy enough for use everyday. I left without buying anything as I couldn’t decide if I really should buy new utensils again. (My kitchen boards are already bursting!)

Then came summer and eating berries all the time while sitting at the desk I finally decided that I did indeed need that colander.

I researched the producer again and was happy that she locates here in Cologne. Actually she works from a studio as she is one of the last traditional porcelain manufacturers this city has and her work is considered as artisanal craftsmanship.

Ines agreed to receive me at her studio which is part of the totally most coolest space for artists ever. At the Künstlerkolonie artists are self organized within a former rubber  fiber factory. The huge brick complex looks a bit runtergerockt at first sight but is actually absolutely awesome. Here she shapes the raw clay, has her burning oven and displays the finished whiteware.

Ines was very welcoming and immediately started explaining me her profession and showed me each step. She also agreed me taking pictures and doing this post about her.Ines Lang mit Schellack großer Teller big plate china porcelain studio Künstlerkolonie Köln CologneThis the plate Ines was at as I stepped in. It looks like she is painting but actually the orange color is shellac with which you can create a raised pattern.

Ines Lang mit Schellack großer Teller big plate china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne

Surely this pristine plate above was a big clayish clump beforehand. Fine raw porcelain here sourced from England which has to be kneaded at first step. Ines calls it her daily workout. Then the clump comes onto the potter’s wheel and she will super effortlessly form something beautiful. Everybody who has watched the creation process on a potter’s wheel once knows how hypnotizing it is. Maaagic!

Ines Lang an Porzellan Drehscheibe china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne
Splatter, splatter everywhere…

Ines Lang an Porzellan Drehscheibe china porcelain studio Künstlerkolonie Köln CologneIt is very seldom that the complete forming process is done by hand on the wheel. Even big traditional manufactures use a mold at the end to eliminate any kind of little imperfections. The eyes and hands of humans work wonderfully but after the burning process tiniest, almost unnoticeable imperfections can occur. I find them beautiful and characteristic. It makes me see that each piece was created one of a kind for me. And it is not a mathematically correct edge I seek.

Ines Lang Obst Sieb glasiert unglasiert Buiskuit china porcelain studio Künstlerkolonie Köln Cologne colander
Shrinkage is about 18 percent after burning. Left you see a colander in biscuit (non glazed, painted. I like this velvety state very much) before the oven and at the right after it got burnt.

In the following image you can see how treatment with shellac results. The raised pattern on the sugar bowl left is my favorite.
Zuckerdosen Ines Lang Schellacktechnik china porcelainIn the studio I also saw some objects with the only purpose of serving as art. They’re so good like straight out of an interior magazine:

Serie Aufhängeobjekte Ines Lang China Porcelain art
Cube series

Serie Aufhängeobjekte Ines Lang China Porcelain art

Also in her program porcelain pendant lamps. Similar to this one of Erik Magnussen.

Porcelight Erik Magnussen Mini-Pendant Lamp
Porcelight Erik Magnussen Mini-Pendant Lamp

Definitively on my wish list. As porcelain is shine through it gives a warm, diffuse glow. Very pleasing for the eyes.

All in all I had a very informative insight in the art of fine pottery and Ines so sweet and humble. This is so refreshing compared to the very often grumpy male craftspeople of this city. And she has an impressive output though she has to divide her time with also being a mother of a sweet little boy. This dedicated and self-employed woman… female power!